Das Commitment-Papier
Vier Vereine erklären die Bereitschaft, die CHAPEL zu betreiben
Am 9. Mai 2016 haben vier Vereine mit der Unterzeichnung des sog. Committment-Papier ihre Bereitschaft signalisiert, künftig gemeinsam die CHAPEL in der Südstadt als Bürgerzentrum zu betreiben. Nachfolgend finden Sie den Wortlaut des Papiers.
BÜRGERZENTRUM SÜDSTADT
Arbeitstitel „Kollaborator“* (IBA Kandidat) in der ehemaligen amerikanischen Chapel, Heidelberg Südstadt
Mit dem 1. Januar 2016 wurde die Stadt Heidelberg Eigentümer der Konversionsflächen in der Südstadt. Das Zusammenwachsen der „alten Südstadt“ mit den Konversionsflächen, wie auch die Bemühungen um die Etablierung und Ausgestaltung einer zukünftigen Stadtteilmitte in der Südstadt kommen damit in eine richtungsentscheidende Phase.
Ein wesentlicher Baustein dieser neu zu schaffenden Stadtteilmitte ist die denkmalgeschützte CHAPEL an der Römerstraße/Rheinstraße. Der „Masterplan Südstadt“, der mit sehr großer Mehrheit des Gemeinderates 2014 beschlossen wurde, definierte für die Chapel eine Begegnungsstätte für den Stadtteil. Das vorliegende Konzept für ein Bürgerzentrum in der Südstadt greift diese Nutzungsvorgabe auf.
Der Stadtteilverein Südstadt e.V., der Caritasverband Heidelberg e.V., der effata Eine-Welt-Kreis e.V. und formAD e.V. erklären mit diesem Papier ihre Bereitschaft zur Gründung eines Trägervereins, um gemeinsam das zukünftige Bürgerzentrum in der Südstadt zu betreiben. Alle vier Institutionen möchtenentsprechend der Beschlüsse der jeweiligen Vorstände in enger Zusammenarbeitein vielfältiges Raumangebot sowie ein eigenes kulturelles Programm anbieten, das Alt- und Neubürger integriert und die CHAPEL für die Südstadt zu einer sozialen und kulturellen Begegnungsstätte und damit zu einem lebendigen Stadtteilmittelpunkt und Ort eines offenen Austauschs werden lässt.
Ausgehend von der demographischen und auch räumlichen Veränderung der Südstadt wird das konzipierte Bürgerzentrum der zentrale, öffentliche Ort zur Förderung von Stadtteil- und Kommunikationskultur.
Entstanden aus der Prozesskultur des Planungsdialogs zur Konversion Südstadt ist das Einbeziehen von planungs- und baukulturellen Fragen bei der gemeinschaftlichen Arbeit im und für den sich verändernden Stadtteil von besonderer Bedeutung.
Die Angebote sind niederschwellig, barrierefrei und unter Berücksichtigung aller Generationen zu gestalten. Das Bürgerzentrum ermöglicht Partizipationsmöglichkeiten für aktuelle und zukünftige Bürgerinnen und Bürger.
Auf dieser Basis erarbeitete der Trägerverein gemeinsam ein Nutzungskonzept, inkl. Raum- und Ausstattungsprogramm als Ausgangsbasis für ein Sanierungskonzept der CHAPEL.
Welche neuen Bedürfnisse und Möglichkeiten oder Initiativen in der Südstadt entstehen werden, ist aktuell nicht absehbar. Aus diesem Grund erscheint es dem Trägerverein i.G. erstrebenswert ein offenes Konzept zu verfolgen, das ein Ausprobieren und Experimentieren mit den sich wandelnden Bedarfen im Stadtteil ermöglicht um auf zukünftige Anforderungen reagieren zu können. Das Raum- und Sanierungskonzept sollte dieser Offenheit Rechnung tragen. Denkbar ist die Nutzung der CHAPEL als Veranstaltungsort für kulturelle und soziale Veranstaltungen, als Treffpunkt für Vereine und Initiativen sowie für private Feste.
Für dieses Konzept werden folgende Räumlichkeiten benötigt:
- Ein Veranstaltungssaal im ehemaligen Sakralraum mit einer Begrenzung bei rund 190 Personen für öffentliche Veranstaltungen aber auch zur Nutzung durch Vereine oder Privatpersonen. Durch den Stadtteilverein und effata ist ein breites kulturelles Angebot möglich (z.B. Afrikachor, lokale Musikgruppen wie Acoustic Café, Hope Theatre, Gesangsquartett Simunye, African Dance Night usw.). FormAD e.V. bietet neben den zweimal jährlich stattfindenden „Heidelberger Stadtgesprächen“ vor allem Ausstellungen, öffentliche Symposien, Tagungen und Workshops an, insbesondere für die Konversion der Südstadt Präsentationen zu aktuellen Planungswettbewerben, Projekten von Baugruppen und Investoren, aber auch themenorientierte Sonderausstellungen, wie z.B. kostengünstiger Wohnungsbau an.
- Vier unabhängig voneinander nutzbare Multifunktionsräume jeweils mit einer Nutzfläche zwischen 30 und 160 m², die vielfältige Nutzungsarten ermöglichen. Eine vielfältige Nutzung soll auch durch Vermietungen ermöglicht werden, vorrangig für Angebote zur Belebung des Stadtteils, der Integration der neuen und alten Bürger sowie der Begegnung ganz allgemein. „Faires Frühstück“, „Cocktailbar“ sind denkbare schon bewährte Formate.
- Im Obergeschoss ist ein öffentlicher Begegnungsort angedacht. Vorbehaltlich einer Finanzierungsmöglichkeit, könnte, basierend auf einem Quartiersbüro mit täglichen Öffnungszeiten in Zukunft auch ein Stadtteil- bzw. Nachbarschaftstreff als Anlaufstelle und Treffpunkt angeboten werden, also ein Ort der Begegnung mit Bewirtungsangebot. Dieses Angebot könnte für die im Saal stattfindenden Veranstaltungen bei Bedarf ebenfalls genutzt werden.
- Mehrere kleinere Büroräume im Untergeschoss zur Nutzung durch die Mitglieder des Trägervereins und auch zur Vermietung.
- Eine Cateringküche im Obergeschoss, die es erlaubt, zum einen im den geplanten Begegnungsraum mit eingeschränktem Speise- und Getränkeangebot zu versorgen und auch bei Veranstaltungen im „großen Saal“ die Versorgung sicherzustellen. Zur Vermietung des kleinen Saals im Untergeschoss ist eine zweite Küche notwendig, die auch den Anforderungen für private Feste genügt.
- In das Raumangebot je nach Nachfrage unterschiedlich zu integrierende Angebote von Seiten der Caritas könnten sein: Angebote für frühkindliche Entwicklung (offene Krabbelgruppen, Elterntreffs usw.), Angebote für Kinder und Jugendliche (Präventionsangebote, offene Treffs), Angebote für Senioren (Angebote für Begegnung, Beratung und Bewegung), sowie generationsübergreifende Angebote (Spiele, Musizieren, Feste).
- Im Gartenbereich sollen Außenveranstaltungen stattfinden, wie z.B. die bereits etablierten Formate des Stadtteilvereins „Südstadtglühen“ und „Südstadtfrühstück“.
Der Ort soll sich selbstverständlich auch über den Stadtteil hinaus öffnen und ein eigenes Profil entwickeln, auch und mit Hilfe der Synergieeffekte, die sich durch die enge Zusammenarbeit der Trägergemeinschaft ergeben.
Das Bürgerzentrum generiert und fördert bürgerschaftliche Engagements auf breiter Basis und stellt die Räumlichkeiten auch für Veranstaltungen anderer Akteure der Stadtgesellschaft, wie z.B. Kirchen und Schulen zur Verfügung.
Die Kooperation der Trägergemeinschaft, ein kontinuierliches Programm an einem Ort, wie auch das Vorhalten und Teilen einer Infrastruktur für eine Vielzahl ähnlicher Formate schaffen in nachhaltiger Art und Weise Effizienz und Wirtschaftlichkeit für alle Träger.
Das Bürgerzentrum ist als Gemeinschaftsprojekt „Kollaborator“ (Arbeitstitel) ein überaus wichtiger Impulsgeber für den Diskurs über die Stadt - der wohl größten Kulturleistung des Menschen – und über die Wechselwirkung zwischen Stadtgesellschaft und Stadtraum.
Das Kuratorium der Internationalen Bauausstellung „Wissen schafft Stadt“ sieht in dem ganzheitlichen Anspruch des Bürgerzentrums, eine lebendige Stadtteilkultur mit den bau- und planungskulturellen Diskursen zusammenzuführen, eine hohe gesellschaftliche Relevanz. Durch den Zusammenschluss unterschiedlicher Träger entsteht überdurchschnittliche Kompetenz, die mit der Nutzung des denkmalgeschützten Gebäudes und der gemeinsamen Beschäftigung mit den Themen bürgerschaftliches Engagement und Baukultur Modellcharakter aufweist. Durch die zentrale Lage und die prägnante Adresse der denkmalgeschützten CHAPEL wirkt das Bürgerzentrum strukturell in und für die Südstadt. Darüber hinaus manifestiert sich in der außergewöhnlichen gemeinsamen Trägerschaft und Zielrichtung die Polyvalenz in besonderer Art und Weise. Das Projekt erfüllt somit alle Qualitätsanforderungen der Bauausstellung und wurde 2015 als IBA-Kandidat nominiert. Der Trägerverein i.G. unterstützt die Kandidatur und möchte gemeinsam mit der Stadt Heidelberg als Eigentümer des Gebäudes den IBA-Kandidaten als IBA-Projekt qualifizieren und realisieren.
Zusammensetzung des Trägervereins Bürgerzentrum Südstadt
(in alphabetischer Reihenfolge)
Caritasverband Heidelberg e.V.
Der Caritasverband Heidelberg e.V. ist anerkannter Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege.
Er vertritt die katholischen sozialen Dienste und Einrichtungen im Stadtgebiet Heidelberg. Ihm sind 6 Fachverbände und 14 soziale Einrichtungen in Heidelberg angeschlossen. Die Beratungs-, Hilfs- und Vermittlungsangebote richten sich an alle Menschen mit Fragen oder Schwierigkeiten, die in Heidelberg leben, unabhängig von Alter, Geschlecht, Religionszugehörigkeit oder Weltanschauung.
Der Caritasverband betreibt 2 Seniorenzentren, 2 Altenpflegeheime und 1 Kinderkrippe sowie das Quartiersmanagement im Hasenleiser. Zusätzlich ist er in der Flüchtlingshilfe aktiv, unterhält Beratungsstellen für verschiedene soziale Themen und Problemlagen und ist im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe und in der Gemeinwesenarbeit engagiert.
Mit dem Projekt „Sozialraumorientierung in der Südstadt“ leistet er einen wichtigen Beitrag zur Stadtteilentwicklung. (Bürgerbefragung, Stadtteil-/Konferenzen)
Die Sozialraumorientierung der Caritas orientiert sich an 5 wichtigen Prinzipien:
- Orientierung an den Bedürfnissen und den Interessen der Bürger,
- Unterstützung von Eigeninitiative und Selbsthilfe,
- Konzentration auf Ressourcen im Stadtteil,
- Zielgruppen und bereichsübergreifende Sichtweise,
- Kooperation, Koordination und Integration.
Der Caritasverband hat im Rahmen seiner stadtteilorientierten Arbeit die Zielsetzung, vorhandene Ressourcen im Stadtteil zu erkennen, zu aktivieren und die Akteure miteinander in Kontakt zu bringen. Von besonderem Interesse ist es, die Angebote vor Ort zu erhöhen und sich an der Gestaltung öffentlich genutzter Flächen und Plätze, Verkehrszonen, Parks, Spielplätze und Bebauungsmaßnahmen zu beteiligen und derartige Prozesse über die Quartiersarbeit zu moderieren.
Der effata Eine-Welt-Kreis ist seit fast 20 Jahren mit dem effata Weltladen in der Südstadt präsent. Mit Veranstaltungen zu verschiedenen Themen und der Beteiligung und Mitwirkung bei Festen und Aktivitäten in der Südstadt trägt der Verein zu einem gelingenden Stadtteilleben bei. Der effata Weltladen ist neben seiner eigentlichen Funktion als Weltladen auch Nahversorger besonders für ältere Menschen und Kommunikations- und Begegnungsort für den Stadtteil. Diese hieraus gewonnene Kompetenz möchte der effata Eine-Welt-Kreis bei der Entwicklung eines Begegnungsortes in der CHAPEL einfließen lassen.
Zunächst hervorgegangen aus der Ev. Markusgemeinde und der Kath. Gemeinde St. Michael in der Südstadt, die in den letzten 35 Jahren mit ihrer gemeinsamen Stadtteilarbeit, wie z.B. dem Südstadtfest die Südstadt wesentlich mitgeprägt haben, wird der effata Eine-Welt-Kreis die Interessen aller drei Kirchen in der Südstadt (Ev. Markusgemeinde, Kath. Gemeinde Philipp-Neri als Nachfolger der Gemeinde St. Michael sowie der Ev. Freikirchlichen Gemeinde / Baptisten (Hoffnungskirche)) vertreten.
Darüber hinaus arbeitet der effata Weltladen als Mitglied im Eine-Welt-Zentrum und als Teil des Bündnisses „Heidelberg FairWandel“ mit Initiativen wie z.B. dem Fairteiler Südstadt, den Wohnprojekten Hagebutze und Konvisionär zusammen, und kann so – auch thematisch – eine Brücke zu den neuen Bewohnern im Stadtteil schlagen.
formAD - Architektur – Design – Kommunikation ist die als Verein organisierte privatwirtschaftliche und bürgerschaftliche Interessenvertretung der Kreativwirtschaft in Heidelberg und der Metropolregion Rhein Neckar. formAD ist ein Verein, konstruktiv, kommunikativ und kooperativ. formAD e.V. fördert und vermittelt Architektur und Design. Zu diesem Zweck organisiert der Verein Ausstellungen, Vorträge und Kongresse zu gestaltungsrelevanten Themen. Der formAD e.V. veranstaltet Exkursionen, gibt Publikationen heraus und mischt sich aktiv in die Diskussion über Formgebung und Gestaltung ein. Er fördert den Nachwuchs und kooperiert mit anderen Organisationen, die vergleichbare Zielsetzungen verfolgen.
formAD e.V. wurde 2012 gegründet und hat inzwischen 80 Mitglieder, die nicht nur aus den unterschiedlichsten Segmenten der Kreativwirtschaft kommen, sondern auch Interessierte und Förderer aus anderen gesellschaftlichen Bereichen, wie z.B. der Bauwirtschaft integriert.
Stadtteilverein Heidelberg-Südstadt e.V.
Der Stadtteilverein Südstadt ist der Förderung und der Entwicklung der lokalen Identität und der kulturellen Vielfalt im Heidelberger Stadtteil Südstadt verpflichtet.
Folgende Aufgaben werden insbes. wahrgenommen:
- Einsatz für eine gute Lebensqualität in der Südstadt, kulturelle Belebung
- Wecken und Fördern des bürgerschaftlichen Engagements im Stadtteil Südstadt und seinem Umfeld, Unterstützung von Eigeninitiativen
- Förderung des nachbarschaftlichen Zusammenlebens
- Wahrnehmung der Bürgerinteressen, Aufgreifen aktueller Fragen und Probleme.
Darüber hinaus unterstützt der Stadtteilverein Vereine und Institutionen in der Südstadt und kooperiert mit ihnen. Der Stadtteilverein arbeitet mit der Stadt Heidelberg und ihren politischen Gremien für die Entwicklung der Südstadt zusammen. Ein wichtiger Schwerpunkt liegt in den nächsten Jahren in der Integration der Alt- und Neubürger sowie der Begleitung des Konversionsprozesses im Interesse einer lebendigen Stadtteilentwicklung.
* KOLLABORATOR(Kollaboration lateinisch co- ‚zusammen-‘, laborare ‚arbeiten‘), ‚übersetzt Zusammenarbeit’, kollaborieren als Synonym für ‚an einem Strang ziehen’, ‚Hand in Hand’)